Generalat der Krankenschwestern vom Regulierten Dritten Orden des hl. Franziskus

Schwester M. Annette Ferneding


Es war im Vorkriegsjahr 1936, als ich in die Familie Ludwig und Anna Ferneding am 10. September in Nikolausdorf geboren und auf den Namen Elisabeth getauft wurde. In der Geschwisterreihe von 7 Kindern war ich die 5. von 4 Brüdern und 2 Schwestern. Zur Familie gehörten auch die Großeltern. Ich erlebte das friedliche Sterben meiner Großmutter und einer Schwester, bald nach ihrer Geburt. In einer gläubigen Familie bin ich geborgen und froh aufgewachsen. Das spürte ich, als ich eines Tages meine Beine mit heißem Wasser verbrannte. Zum Verbinden meiner Brandwunden kam an jedem Tag Schwester Nacalis mit dem Fahrrad angefahren. Ich habe mich schon gefreut, wenn ich sie ankommen sah – mit wehendem Schleier und lachendem Gesicht. War sie die Erste, durch die der Berufungs-Gedanke in mein Kinderherz gelegt wurde?

In meiner Schulzeit erlebte ich den 2. Weltkrieg und besonders 1945 harte Angriffe zwischen den Fronten. Viele Tage verbrachte ich mit einem entzündeten Bein im Bunker, bis ich durch eine Sondererlaubnis in das St. Josefs-Hospital Cloppenburg kam und gerade noch rechtzeitig operiert wurde. Während der langen Zeit im Hospital erfuhr ich die 2. liebevolle Pflege der Franziskanerinnen.

Nach dem Krieg erlebte ich mit der Familie die große Freude: den ersten Heimatbesuch meiner Tante, Schwester Odalgera, das war die 3. Begegnung mit unseren Schwestern. Es faszinierten und prägten mich auch die Lebensbeschreibung der Kleinen Therese von Lisieux: „Ich will Jesus immer Freude machen“ und das Motto des hl. Don Bosco: „Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen."                                                                                                                                           
Meine Jugendjahre verbrachte ich im Elternhaus. An Sonntagen traf ich mich mit den Schul-kameradinnen. Jede steuerte ein Ziel an. Da begann in mir wieder dieser Funke zu glühen: So fröhlich wie Schwester Nacalis möchte ich auch Kranke pflegen. Ich meldete mich im Mutterhaus der Franziskanerinnen in Münster als Kandidatin an und am 09. Oktober 1959 begann ich dort mein Klosterleben. Bei der Einkleidung bekam ich den Namen Schw. M. Annette, abgeleitet vom Namen meiner Mutter: Anna.        

Beginn der Arbeit in der Krankenpflege und in sozial-pädagogischen Einrichtungen
Nach dem Krankenpflege-Examen und der Arbeit in St. Franziskus-Hospital 1961 -1964 bekam ich eine neue Aufgabe. 1966 übernahm ich nach Erreichung der Bildungsreife und dem Examen für Sozialpädagogik die Leitung des neuerrichteten Kindergartens in Lindern/Cloppenburg. Leider erkrankte ich und musste ein Jahr Kuraufenthalt in der Lungen-Heilstätte Neuenkirchen machen. 1971 kam ein neuer Einsatz in Steinfeld/Vechta und 1974 in Steinbild/Emsland. Nebenberuflich erlangte ich zum Fröbel-Diplom das Diplom in Montessori-Pädagogik. In der Pfarrgemeinde Steinbild ermöglichte ich - übrigens als Leiterin der Borromäus-Bücherei - den Kindergarten- und Schulkindern Lese- und Gestaltungsangebote. Einen Abend in der Woche widmete ich den Eltern und den Jugendlichen.

Einmal im Jahr trafen wir als Erzieherinnen tätige Schwestern uns. Das gegenseitige Erzählen unserer Freuden und Sorgen, das Vorstellen von Neuem im Kindergarten gab Freude und Kraft. Es folgten Weiterbildung und zusätzliche Ausbildungen: 1970 begann ich das Fernstudium in Theologie, 1980 die Erlangung der Missio Canonica. Nach Absolvierung der Lehrproben und des Examens in Religionspädagogik vor den Schulräten, erhielt ich die bischöfliche Lehr-Erlaubnis, in den Schulen bis Klasse 12 Religion zu erteilen. Es war eine Freude, die Klassen 3 und 4 zu übernehmen, so hatten die Kinder die Möglichkeit, den Schulgottesdienst musikalisch mit Flötenspiel und Orffinstrumenten mitzugestalten. Anderen machte es Spaß, sich als Lektor*in oder Messdiener*innen einzubringen. So verbunden mit der ganzen Pfarrgemeinde fühlte ich mich im Einsatz, die Freude an Gott zu verbreiten, ganz richtig am Platz. 

1987 erhielt ich die Möglichkeit, eine Auszeit einzulegen und in Regina Mundi in Rom an einem spirituellen Erneuerungskurs teilzunehmen.  Die Feier meines 25jährigen Ordensjubiläums und die Erlebnisse Florenz, Assisi, Subiaco, Manopello waren für mich Taborzeit!

Am Ende des Schuljahres 1989 stand das Abschiednehmen - schwer und dankbar - von allem, was mir lieb geworden war, an. Im Jahr 1990 bekam ich in der Akademie der Diözese Osnabrück, im Ludwig-Windhorst Haus in Lingen, ein neues Arbeitsfeld im Ressort: Bildung für ältere Erwachsene. Als Referentin bot sich mir die Möglichkeit, viel Neues zu organisieren: Studienfahrten mit dem Europapolitischen Bildungswerk in unterschiedlichen Dreiländerecks, Sommerfreizeiten, Ausbildungsseminare für Tanzleiter*innen, spirituelle Wochen für die Festtage des Jahres für Ältere. Es machte mir große Freude, für Menschen verschiedenen Alters, in unterschiedlichen Lebenslagen und Interessengebieten Lebenshilfe anzubieten: Wenn die Augen der älteren Menschen beim Verabschieden leuchteten, war ich selbst auch eine Beschenkte. Mit meinem Bestreben, älteren Menschen Freude in ihren Alltag „zu zaubern“, habe ich meinen franziskanischen Auftrag „Option für die Armen“ erfüllen können.

Selbst absolvierte ich Ausbildungen in Meditation und Sakralem Tanz, im Seniorentanz und Tanzen im Sitzen.  Diese Tanzausbildungen waren vielbegehrt, ebenso Tanzfreizeiten mit Erkundungen des Emslandes, die ich gern organisierte und durchführte, was mir und den Teilnehmer*innen viel Freude bereitete. Wichtig war mir ein Theologischer Fernkurs und die Studienwochen in Wien „Glaubend Älter werden“, 1992 – 1994. Ein Zertifikat und den Auftrag „Seelsorgliche Begleitung älterer Menschen in Gemeinden und Altenheimen“ erhielt ich nach drei Lehrgängen.  Ganz dankbar für 10 Jahre Bildungsarbeit im Ludwig-Windthorst-Haus wurde ich mit einem Konzert des Flötisten Hans-Jürgen Hufeisen verabschiedet.

Nach einem halben Jahr Arbeit für die INFAG und einem Einsatz in St. Stefano in Assisi kehrte ich im Jahr 2000 zum Mutterhaus zurück. Dort hieß es: Wir warten schon auf dich. In Zusammenarbeit mit Sr. M. Gabrielis war ich viele Jahre im ordensinternen Bildungsreferat tätig. Wir erstellten einen Flyer mit Angeboten: Seminare für Schwestern in der Altenpastoral und Tagesveranstaltungen für Schwestern und Interessierte in der Beschäftigungstherapie und in der Seelsorge. Für die Begleitung von Frauen, die eine Auszeit wünschten, stand ich zur Verfügung. In der Weggemeinschaft wirkte ich mit.  Sehr gern habe ich Meditative Tanztage als Glaubensverkündigung vor den Festen angeboten, ebenso die Oasentage für Frauen. Als ich in den Pfarrgemeinderat von St. Mauritz berufen wurde, setzte ich mich als Katechetin und bei Pfarrfesten ein. Es machte allen Spaß, sich in einer Pfarrgemeinde einzubringen, miteinander   zu feiern und mit den Frauen „Sister Act“ in der Pfarrgemeinde und im Mutterhaus aufzuführen.

Im Jahr 2010 wurde mir eine Überraschung geschenkt, ich durfte nach Amerika reisen. Ich besuchte die Mitschwestern im Mutterhaus in Springfield und meine Schwester in Baltimore, die schon 20 Jahre nicht mehr in der Heimat war.

In dieser Lebensphase wirkte ich gern „für meinen Herrn“, für Ihn und zu meiner Freude zu tanzen. Wie „Myriam“ fühlte ich mich, die ihre Pauke nahm, um mit den Frauen für die Rettung zu danken und zu tanzen. Ja, lobet mit mir Gott mit Pauken und Harfen, singt und tanzt Ihm, meinem Herrn!

Jetzt, nach 20 Jahren intensivem Einsatz im Mutterhaus, war die Zeit gekommen, Abschied zu nehmen.  Ich darf im Kloster St. Anna-Stift in Lohne-Kroge mit Mitschwestern das letzte Lebensdrittel in Ruhe und Gelassenheit, in Einsatzmöglichkeiten füreinander und miteinander froh und heiter leben – solange Er will.  Denn noch immer ist „Die Freude an Gott meine Kraft, Halleluja!“