Generalat der Krankenschwestern vom Regulierten Dritten Orden des hl. Franziskus

Schwester M. Margret Steggemann


Aufgewachsen bin ich als Älteste von drei Mädchen im schönen Münsterland, in Stadtlohn. Stadtlohn ist eine Kleinstadt.  Sie hatte vor und während des 2. Weltkrieges viele Webereien und Spinnereien. Da war es den Feinden wichtig, diese Infrastruktur zu zerstören. Als ich 1944 geboren wurde, war meine Heimatstadt ein Trümmerhaufen.  Dieser Anblick, besonders wenn ich zur Schule ging, war für mich ganz normal. Ich kannte es nicht anders. Es war sogar interessant, in den Trümmern zu spielen.

Doch für meine Eltern begannen schon schnell große Sorgen und Nöte.  Meine Mutter bekam nach dem zweiten Kind eine Lungentuberkulose. Ich kann mich nur an sehr kleine Begebenheiten mit ihr erinnern. Aus diesem Grunde wurden meine Schwester und ich getrennt. Für etwa ein Jahr wohnten wir bei unseren Großeltern. Ich wohnte bei den Eltern meiner Mutter, meine Schwester wohnte bei den Eltern meines Vaters. Nach dem Tod meiner Mutter im Jahr 1949 sorgten dann die jüngeren Schwestern meines Vaters für uns.

Das Elternhaus meines Vaters war im Krieg schwer beschädigt worden. Trotzdem wohnten mehrere Familien dort. Wir auch zeitweise. Es war eine sehr schwere Zeit für meinen Vater, aber auch für alle Familienangehörigen.

Aber ich kann mich nicht erinnern, dass es für mich besonders belastend war. Bei meiner Oma waren noch drei Kinder in meinem Alter und wir konnten schön spielen. Ich konnte besonders bei „Tante Toni“ Papa`s Schwägerin, mein Herz ausschütten.

Bald nach dem Tod meiner Mutter wurde ich eingeschult. Das war für mich sehr einschneidend. Ich habe meinem Vater und seinen Schwestern große Sorgen gemacht, denn ich wollte nicht zur Schule gehen und ich war auch öfter krank. Das haben sie mir erzählt.

Mein Vater heiratete dann zum 2. Mal. Mit meiner 2. Mutter habe ich mich sehr gut verstanden. Sie ist leider schon im Jahr 1969 verstorben. Für meine 6 Jahre jüngere Schwester war ich die große Schwester.

Nach der Schulzeit wollte ich einen Beruf erlernen. Ich wäre gerne Schneiderin geworden. Leider bekam ich wegen meiner Sehschwäche kein Attest. Im  neuerbauten Stadtlohner Krankenhaus wurden 1958 dringend Mitarbeiterinnen für die Pforte und die Krankenstationen gesucht. Das erfuhr ich. Da war ich Feuer und Flamme. Ich wollte den kranken Menschen helfen. Meine Mutter ist mit mir zum Krankenhaus zu Schwester Oberin gegangen, und so wurde ich eingestellt. In den ersten Jahren habe ich oft gedacht, dass ich so ein strenges Leben, das die Schwestern führten, nie selber führen wollte.

Ich nahm gern an allen Festveranstaltungen teil, die es in Stadtlohn und Umgebung gab. Das war bei den Schwestern nicht unbedingt gerne gesehen. Nach einigen Jahren merkte ich, wie wichtig eine qualifizierte Ausbildung in der Krankenpflege ist. So meldete ich mich in der dortigen Krankenpflegeschule an. Doch so weit kam es nicht.

Eine innere Stimme, Gott, hatte bei mir angeklopft. Sie sagte mir: „Ich will dich ganz“!  Ich kam nicht zur Ruhe. Nach langem Abwägen und Gesprächen (mit Seelsorgern und Ordensschwestern), bat ich ohne Krankenpflegeausbildung um Aufnahme in den Orden der Franziskanerinnen in Münster. Meine Familie war entsetzt, besonders meine ältere Schwester. Aber meine Mutter stand mir bei. Sie hat auch meinen Vater überzeugt.

So kam ich am 15. August 1964, in Münster Mauritz an. Dort folgte die übliche Ordens-Ausbildungszeit: Postulat und Noviziat. Wir waren 16 Frauen, die im gleichen Jahr eingetreten waren. In unserer Gruppe war immer was los: wir hatten viel Freude miteinander, es ging sehr lebendig zu. 

Mit der Ersten Profess im Jahr 1967, besonders in der Vorbereitungszeit, war es ein hartes Ringen: „Ist es das, wozu Gott mich ruft? Kann das eine Entscheidung fürs Leben sein?“  In dieser Zeit habe ich Gottes Führung sehr intensiv erfahren.

Nach der ersten Profess folgte dann die Junioratszeit mit der der mittleren Reife, der Krankenpflege-Ausbildung und Praxiseinsätzen im Franziskushospital.

Nach einigen Jahren in der Krankenpflege machte ich eine Weiterbildung zur Pflegedienstleitung mit anschließenden Leitungseinsätzen in Krankenhäusern. Der Abschied aus der Pflege am Krankenbett ist mir sehr schwer geworden. So freute ich mich, dass ich gebeten wurde, im Elisabeth-Hospiz Datteln die Leitung zu übernehmen. Es war für mich die beste Zeit in meinem Berufsleben. Nach gut vier Jahren wurde ich in die Geschäftsführung der ordenseigenen Hospitäler berufen. Hier konnte ich viele Erfahrungen weitergeben bes. an unsere Pflegemitarbeiter*innen.

Im Jahr 2005 wurde ich in den Provinzrat gewählt. Nach vier Jahren als Provinzrätin war es mein Wunsch, nach Berlin zu gehen, um Sr. M. Juvenalis und Sr. M. Hannelore in ihrer Arbeit für an AIDS erkrankte Menschen zu unterstützen. Es war mir hier in Berlin vergönnt, im Caritas-Hospiz Berlin, das zu dieser Zeit neu eröffnet wurde, als Seelsorgerin zu arbeiten. Nach fast 10 Jahren, mit 75 Jahren, wurde ich aus dem aktiven Dienst verabschiedet. Ich bin weiterhin im Hospizdienst TAUWERK und im Caritas-Hospiz Berlin ehrenamtlich tätig.

Ich danke Gott für jeden Tag, den er mir geschenkt hat, und dass ich von dem, was Gott mir gegeben hat, immer noch mit vollen Händen austeilen darf.