Generalat der Krankenschwestern vom Regulierten Dritten Orden des hl. Franziskus

Schwester Maris


Am 16. Juni 1943 wurde ich, Maria Elisabeth Keller, als Zweitjüngstes von 11 Kindern meiner Eltern Maria und Franz Keller in Ibbenbüren geboren. Mit fünf älteren Brüdern und fünf Schwestern verlebte ich meine Kindheit, vertraut mit Tieren und Landarbeit, die Basis war für unsere christlich religiöse Großfamilie. Da mein Vater im Hauptberuf auf der Zeche unter Tage beschäftigt war, mussten besonders die Brüder und auch die älteren Schwestern bei der Landwirtschaft helfen. Alle waren neben ihrer Berufsarbeit - ob im Büro, bei der Post, als Schneider oder in der Fabrik - täglich im häuslichen Betrieb eingespannt. Alle packten nach Kräften mit an. Auch wir Jüngsten waren nach dem Unterricht in der Schule bei der Feldarbeit eingeteilt. Mir machte die Arbeit schon im Kindesalter viel Freude, besonders wenn ich die großen Flächen der Felder mit unserem Pferd Flora pflügen oder eggen durfte. So wuchs wohl die Hoffnung meines Vaters, ich würde später die Landwirtschaft übernehmen.

Bei mir aber reifte der Wunsch, nach der Schulzeit (acht Jahre Volksschule) einen kaufmännischen Beruf zu erlernen, den ich auch einige Jahre zur großen Enttäuschung meines Vaters ausgeübt habe. Doch meine „innere Stimme“ regte sich vermehrt immer häufiger, einen religiösen Beruf ergreifen zu wollen, aber da war mein ganz persönliches Empfinden mir im Weg, nämlich ein Ekel vor Krankenhausbesuchen.

Um dem entgegen zu treten, ließ ich mich zur Malteser Hilfs-Schwesternhelferin ausbilden, zu dem auch eine Praktikumszeit im Krankenhaus gehörte. Durch diese Konfrontation im Krankenhaus wuchs meine Begeisterung zu diesem Einsatz und ich verpflichtete mich -  neben meiner beruflichen Tätigkeit als Verkäuferin im großen Kaufhaus -  zum 14-tägigen Wochenenddienst im St. Elisabeth-Hospital in Ibbenbüren bei den Schwestern vom Heiligen Franziskus. Jetzt war ich nach meiner dreijährigen kaufmännischen Lehre nebenbei meinem inneren Wunsch, „für andere da zu sein“, sehr viel nähergekommen. Nach einigen Jahren wurde der Wunsch nach einem geistlichen Beruf in mir immer stärker, wohl auch durch meine Aufgabe als Gruppenleitung in der CAJ, wo sich doch meine „Unruhe des Herzens“ immer wieder meldete. So machte ich eine Ausbildung als Caritas-Krankenschwester im Jahre 1964 in Ibbenbüren. Diese Aufgabe machte mir sehr schnell deutlich, dass hier meine Stärken lagen, Menschen helfen zu können und die mich ganz ausfüllte. Hier fühlte ich mich am Arbeitsplatz, im Krankenhaus und im Kontakt zu den Ordensschwestern ganz zu Hause. Doch ich war noch immer nicht am Ziel meines Weges, „was will ER noch von mir“ beschäftigte mein Herz und meine Gedanken über etliche Jahre im Beruf. Im Juni hörte ich die Predigt eines Franziskanerpaters zum Thema „Nachfolge“, da zündete endlich bei mir das Wort „Folge mir“ wie ein Funke. Noch am gleichen Tag rief ich im Mutterhaus in Münster an und bat um einen Vorstellungstermin bei der Noviziatsleiterin.

Endlich hatte ich mein Ziel vor Augen, kündigte meine Anstellung zum 1. Oktober und trat am 2. Oktober 1969 in den Orden der Mauritzer Franziskanerinnen in Münster ein. Ich war inzwischen 26 Jahre alt. Für meine Eltern war es sehr schwer, da die Weiterführung der Landwirtschaft nun nicht mehr gegeben war. Keiner meiner Geschwister hatte sich für diesen Beruf entschieden und somit wurde unser Landbestand zu Bauland erklärt und auch so genutzt. Unter Tränen haben meine Eltern aber meine Entscheidung akzeptiert, meine Geschwister dagegen reagierten mit Unverständnis.

In der mir noch unbekannten Atmosphäre eines Klosters durchlief ich mit zwei weiteren Postulantinnen die vorgegebene Postulats–, Noviziats- und Junioratszeit. Beim Arbeitseinsatz in der Krankenpflege waren meine Kenntnisse nicht relevant, eher hinderlich, denn wir hatten überall zu dienen und zu fragen.

Nach der zeitlichen Profess 1972 schlossen sich Einsätze auf den Stationen im Hospital an, die mich auch ganz forderten, beruflich wie auch vom Ordensleben her. Doch dieses war die Zeit, wo wir gebraucht wurden und die meinem Ideal entsprach, ganz für Gott und die Menschen da sein zu wollen. Meine ewige Profess legte ich im Jahre 1976 ab.

Von 1984 – 1985 absolvierte ich die Ausbildung zur Pflegedienstleitung und Lehrtätigkeit an Krankenpflegeschulen.

Nach einigen Einsätzen in verschiedenen Hospitälern war ich fast 13 Jahre im Stift Tilbeck, einer Einrichtung für geistig Behinderte und akut psychiatrisch erkrankte Personen. 1986 wurde ich zur Provinzratsschwester der Rheinischen Provinz Christkönig gewählt; diese Aufgabe habe ich neben meiner Tätigkeit bis 1989 ausgeübt.

Während meiner Zeit im Stift Tilbeck durfte ich aktiv mitarbeiten im Vorstand des Katholischen Verbandes für Behinderte auf Bundesebene, Fachverband des Deutschen Caritasverbandes Freiburg. Es gab mir Kraft und Weitblick, in diesem Gremium aller Leiter von Katholischen Behinderteneinrichtungen sechs Jahre als gewähltes Mitglied als einzige Ordensfrau mitzuarbeiten zum Wohl der Behinderten.

Aus gesundheitlichen Gründen beendete ich 2001 die Tätigkeit im Stift Tilbeck. Nach einer Auszeit übernahm ich im Elisabeth-Haus (Seniorenheim) in Emsbüren die Seelsorge und Betreuung der Bewohner für zehn Jahre. Es war eine sehr interessante und vielseitige Aufgabe, die ich gern ausgeführt habe in enger Zusammenarbeit mit der Leitung und den Mitarbeitern des Hauses, wie auch mit den Dorfbewohnern und der Kirche.

2011 erbat der Bischof von Osnabrück eine Schwester für die Seelsorge im Gefängnis in Bremen. Ich habe diese Aufgabe gern angenommen und fast vier Jahre durchgeführt. In vielen Glaubensgesprächen und Schuldbekenntnissen der Gefangenen konnte ich oft nur zuhören, aber auch den Betroffenen Hoffnung auf einen Neuanfang vermitteln.

Nebenbei war ich in der Schule St. Josef in Oslebshausen in der Betreuung der Kinder beim Mittagstisch und bei Aufsicht der Schulaufgaben eingesetzt. Der interreligiösen Kontaktgruppe der Gemeinde mit den muslimischen Frauen war ich sehr verbunden und habe regelmäßig an den Treffen und dem Austausch teilgenommen. Gemeinsam haben wir durch intensive Gespräche erörtert, was uns verbindet und trägt.

2014 übernahm ich für zwei Jahre eine Aufgabe im Pfortendienst in Telgte im Haus Maria-Hilf. Anschließend hatte ich einen Einsatz in der Seelsorge mit Sterbebegleitung und Betreuung der Kapelle im St. Marien-Hospital Vreden. Diese intensive Aufgabe forderte mich sehr stark.

Seit Oktober 2019 lebe ich nun wieder im Mutterhaus in Münster im Konvent. Für mich ist es nach vielen unterschiedlichen Tätigkeiten und Einsätzen wie ein Zurückkommen nach Hause, wofür ich dankbar bin und hier anfallende Arbeiten gern übernehme. Um unseren gemeinsamen Auftrag „Christi heilende Gegenwart“ zu vermitteln, bin ich wöchentlich im Münsterschen Kirchenfoyer anwesend und aufnahmebereit für das Klientel und viele Begegnungen. Ich hoffe, noch viele Jahre unserer Gemeinschaft, den Mauritzer Franziskanerinnen, dienen zu können, zum Zeugnis der Kirche in dieser Welt.